Die Zeitschrift "Sozialgenial" befragte Frau Schneider über Soziales Engagement der Schüler an der Clarenbach-Schule im Rahmen des Projektes "Sozialgenial". Das komplette Interview können sie mit einem Klick auf die untere PDF-Datei öffnen.

PDF Interview von der Projektleitung "Sozialgenial" mit Frau Schneider


Das Konzept

„Ich bin Sozial   -   genial!“

Konzept zur Implementierung des Service Learning[1] in einer Förderschule mit dem Schwerpunkt Lernen
 

1. Projektbeschreibung

1.1 Hintergrund / Ausgangssituation

Die Schulen unseres Landes werden immer mehr dazu angeregt nicht nur reines Wissen zu vermitteln, sondern die Kinder und Jugendlichen mit Kompetenzen auszustatten, die sie für ihr weiteres Leben benötigen. Diese meist grundlegenden Kompetenzen werden schon lange nicht mehr nur durch die Elternhäuser vermittelt, sondern auch als eine wesentliche Aufgabe der Schulen gesehen. Um diesem Anspruch gerecht zu werden und den Kindern eine Verbindung zwischen Schule und Gesellschaft zu schaffen, sollen die Jugendlichen unserer Schule mit Hilfe dieses Konzeptes lernen, durch gesellschaftliches Engagement ihre sozialen und kognitiven Kompetenzen zu trainieren.

1.2. Ziele des Projekts

Das Projekt zur Implementierung des Service Learning soll zunächst in Form eines 3-tägigen Sozialpraktikums stattfinden. Das Sozialpraktikum dient dabei in erster Linie nicht der Berufsorientierung, sondern hat ganz klar die Vorgabe, sich selbst als sozial engagierter Mensch zu erleben.

Das Leitziel des Projekts ist daher die Förderung der Sozialkompetenz.
• Ich kann helfen und das tut gut; meine Hilfe und Aufmerksamkeit gegenüber Hilfebedürftigen
  kommt an. (Wertschätzung)
• Ich bin aktives Mitglied einer sozialen Gemeinschaft („Helfen macht Freu(n)de!“, „Helfen kann
  jeder!“; „Es gibt nichts Gutes—außer man tut es“). (Empathie)
• Mir wird Verantwortung übergeben und ich versuche damit umzugehen. (Verantwortung)
• Ich sehe, dass es Menschen gibt, die meine Hilfe benötigen. (Wahrnehmung)
• Ich nehme aktiv an der Gestaltung der Gesellschaft teil. (Partizipation)
• Ich übe mich im Umgang mit sozialen Bindungen. (Kooperation)
• Ich spreche mit anderen, wie ich helfen kann. (Teamfähigkeit)

Zudem sollen durch das Projekt auch Schlüsselqualifikationen wie:
• Ich kann anderen zuhören und mich deutlich äußern.
• Ich habe Geduld mit Menschen.
• Ich kann Gesagtes übertragen und anwenden.
• Ich kann etwas erklären
• Ich bin pünktlich, zuverlässig, freundlich, höflich und respektvoll.
• Ich zeige Einsatz und Willen.

und auch Selbstständigkeit gefördert werden, indem die Kinder:
• den Lernort Schule verlassen und in einer fremden neuen Einrichtung lernen.
• sich selbst einen Praktikumsplatz suchen.
• andere Wege zum Lernort einschlagen und sich auf neue Arbeits- oder Lernzeiten einlassen.
• sich selbst und ihre Sozialkompetenz reflektieren, aber auch Rückmeldungen von fremden
  Erwachsenen annehmen.

1.3. Lerngruppe

Da die Mittelstufe der Schule das Leitziel der sozialen Förderung verfolgt, soll das 3-tägige Sozialpraktikum am Ende des 2. Halbjahres der Lernstufe 7 absolviert werden.
 

2. Umsetzung des Projekts

2.1. Einrichtungen

Mögliche zu wählende Einrichtungen in der Nähe des Wohnortes oder der Schule, um das Praktikum zu leisten sind z. B. Altenheime, Kindergärten, Kindertagesstätten, Soester Tafel,  Tierheim, andere Betreuungseinrichtungen für Behinderte, Wohnheime, Kinderheime, Obdachlosenhäuser, betreutes Wohnen, Krankenhäuser, Baby-Klappe, Bahnhofsmission, Diakonie, Kirchen- und Gemeindearbeit, Alte, Bedürftige….

2.2.  Struktur der drei Tage / Planungsrahmen:

Das Praktikum erfolgt stets im zweiten Halbjahr der Klasse 7 und sollte zeitlich unbedingt so gewählt sein, dass es nicht mit den anderen Praktikumszeiten der Oberstufe kollidiert.

Ein günstiges Zeitfenster scheint daher Ende April bis Ende Juni zu sein (je nach Osterferien und Sommerferienbeginn).

Zunächst erfolgt ein Anschreiben an die Eltern und / oder Erziehungsberechtigten. Darin wird das Vorhaben und der Zeitpunkt des dreitägigen Sozialpraktikums vorgestellt.

Die Jugendlichen suchen sich mit einem weiteren Anschreiben an die Einrichtungen selbständig einen Einsatzort.

Die Einrichtung soll einen ausgesprochenen sozialen Auftrag haben (s. o.)

Die Schülerin / der Schüler soll die von ihr/ihm gewählte Einrichtung möglichst mit eigenen Mitteln erreichen können.

Mit einer schriftlichen und verbindlichen Zusage der gewählten Einrichtung meldet sich der Jugendliche zurück an der Schule.

Die Arbeitszeiten werden individuell abgesprochen, sollten jedoch einen Rahmen von etwa 5- 6 Zeitstunden pro Tag nicht überschreiten.

Im Unterricht werden die Jugendlichen fächerübergreifend das Thema „soziales Engagement“ explizit und intensiv bearbeiten.

Während der drei Tage im Sozialpraktikum besucht der/die Klassenlehrer/in alle Schüler/innen je einmal. Erste Eindrücke werden ausgetauscht.

Jeden Tag hat der Praktikant / die Praktikantin einen formal strukturierten Tagesbericht zu verfassen und der Einrichtungsleitung vorzulegen.

Am Ende des Praktikums reflektieren die Bezugspersonen (also die Einrichtungen) der einzelnen Schülerin / des einzelnen Schülers das Gesamtauftreten und das soziale Engagement  in einem Evaluations- / Reflexionsfragebogen. Diesen lassen sie dann der Schule zukommen.

Wenn die Praktikumsmappe vollständig vorliegt (schriftliche Zusage der Einrichtung mit kompletter Anschrift und Name des Ansprechpartners, drei vollständige und unterschriebene Tagesberichte, ausgefüllter Fragebogen der Einrichtung, diverse andere Arbeitsblätter zum Thema, Kopie der Urkunde), erhält jede Teilnehmerin / jeder Teilnehmer eine Urkunde.

Während die Originalurkunde zunächst in der Schule verbleibt und in das „Ich-Buch“ (oder Logbuch) jedes Schülers / jeder Schülerin geheftet und damit bis zur Schulentlassung und der dann folgenden Bewerbungen vorliegt, wird die Praktikumsmappe bewertet und mitgegeben. Es erfolgen ein persönliches Abschlussgespräch mit jeder Schülerin / jedem Schüler und ein Dankbrief an die Einrichtungen und die Eltern / Erziehungsberechtigten.

2.3. Fächerübergreifende Grundlagen im Unterricht

Deutsch: Lektüre „Vorstadtkrokodile“; Sachtexte zum Thema „soziales Handeln“. Verfassen
  von Briefen an bedürftige Alte und Kranke. Erstellen eines E-Mail- Kontaktes zu Kindern in
  entwicklungsbedürftigen Ländern. Kreatives Schreiben über den Fall der eigenen Bedürftigkeit.
  Verfassen von Tagesberichten über die oder eine generelle soziale Tätigkeit. Mindmap
  Erstellung zu möglichen sozialen Taten in der eigenen Umgebung/der Gesellschaft.
  Durchführung von Interviews in der Klasse / Schule / Stadt zum Umgang mit Bedürftigen.
Religion: Soziales Handeln ist human und christlich; Was sagt die Bibel?;
  Werteerziehungskonzept der Clarenbach-Schule als Grundlage des Miteinanders in unserer
  Schule und in der Welt. Über Bedürfnisse, Wünsche und Gefühle des Einzelnen sprechen.
  Künstlerisch meditative Auseinandersetzung mit der eigenen Person und der einem nahe
  stehenden Personen. Was ist helfen? Wo fängt soziale Hilfe an? Ist der Mensch in der Lage
  sich uneigennützig zu engagieren?
Biologie: Behinderungen / Beeinträchtigungen - was ist das eigentlich? Welche gibt es da?
  (Exemplarische Aufarbeitung). Was ist eine Querschnittslähmung? Sind Behinderungen
  angeboren? Alterungsprozesse im menschlichen Körper. Grundkenntnisse über Krankheiten
  wie Demenz, Diabetes, Knochenschwund. Wie arbeitet das Herz-Kreislaufsystem? Lernen
  von verschiedenen Wundtypen, Wundbehandlung. Verantwortung für ein Tier übernehmen -
  Klassenhund, Aquarium, Haustiertag.
Sport: diverse Übungen: körperbehindert sein, blind sein, sich verlassen müssen auf einen
  anderen. Bewegtes Hörmemory. Durchführung eines Erste Hilfe Trainings. Kooperationsspiele.
  In verschiedenen Spielen verantwortlich sein für eine Gruppe oder einen Partner. Absichern
  einer Unfallstelle. Retten von Personen aus versch. Misslagen. Betreuung und Abtransport von
  Verletzten.

 

3. Evaluation

Nach jedem Durchlauf erfolgt durch die betreuende Lehrperson eine Rückmeldung an das Mittelstufenteam und an die Schulleitung.

Die Fragebögen der Einrichtungen sind sehr ernst zu nehmen und auf Stimmungen zu prüfen. Das Wohlwollen der Einrichtungen ist ein wesentlicher Parameter für das Gelingen des Sozialpraktikums.

Die Tagesberichte der Schülerin / des Schülers sind ebenfalls genau zu studieren und fließen in die Bewertung ein.

Ein spezieller Fragebogen für die Schülerinnen und Schüler fasst die Erfahrungen zusammen und gibt Auskunft über den Wert dieses Sozialpraktikums für die Entwicklung der Heranwachsenden.

Dieses Konzept ist Teil des Schulprogramms der Clarenbach-Schule, Förderschule des Kreises Soest, Förderschwerpunkt Lernen (FöLe).


[1] Service Learning: Aus dem Unterricht heraus engagieren sich Schüler für Soziales, Umwelt und Gesellschaft in gemeinnützigen Organisationen. Die zwei zentralen Komponenten des Service Learning sind das gesellschaftliche Engagement (= Service) und das Lernen in realen Kontexten, die Vorbereitung der Projekte und die Reflexion des Einsatzes der Schüler (=Learning). Die Teilnehmer von Service Learning bilden ihre Selbstwirksamkeit und sozialen Fähigkeiten in eigenen Projekten im direkten Lebensumfeld aus. Anders als bei ehrenamtlichen Tätigkeiten ist gesellschaftliches Engagement durch Vor- und Nachbereitung in den Unterricht eingebunden. Service Learning fördert so die Persönlichkeitsentwicklung und Lernerfolge der Schüler und verbessert ihre Bildungs- und Berufschancen.